Fischotter: Symbol für intakte Gewässer

Der Fischotter war einst auch in Schweizer Seen und Flüssen weit verbreitet bis man 1888 per Bundesgesetz eine beispiellose Ausrottungskampagne, sogar mit Prämien, gegen «Fischotter, Fischreihern und andern, der Fischerei schädlichen Tieren» einläutete. Der Fischotter galt als der Fischräuber schlechthin. Naturschutzkreise konnten diesem Treiben nach langjährigen Bemühungen ein Ende setzen. Seit 1952 ist der Fischotter bundesrechtlich geschützt. Trotz allem: Die Fischotterpopulation ging unaufhaltsam zurück. Letzte Spuren fand man 1989 am Neuenburgersee. Doch nun scheint es Hoffnung zu geben: Seit 2009 werden in der Schweiz wieder Tiere gesichtet.

Wie konnte es zum lokalen Aussterben kommen?

Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden Fischotter als Konkurrenz zur Fischerei gesehen und auch wegen des wertvollen Fells in ganz Europa verfolgt und bis zum Aussterben gejagt. 1888 wurden gar hohe Prämien für das Erlegen von «fischereischädlichen Tieren» und damit auch für den Abschuss von Fischottern bezahlt. Durch nationale Verbote zum Fang und Tötung der Art sowie die Aufnahme in internationale Artenschutzkonventionen konnte sich die Population etwas erholen.

Doch in der Schweiz halfen auch die eingeführten Jagdregelungen nichts mehr und die Art verschwand 1989 in unserem Land. Denn nebst der Bedrohung durch Verfolgung sah sich der Fischotter auch mit anderen Problemen konfrontiert: Die Schweizer Fliessgewässer boten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend keine guten Lebensräume mehr: steigende Schadstoffeinträge, kanalisierte und verbaute Flüsse, zu wenig Restwasser bei Kraftwerken, vielerorts stark gestörter Wasserabfluss. Die Gewässer wurden für Fische zur Todesfalle. Die Artenvielfalt ist stark zurückgegangen: Bachforelle, Eisvogel, Nase kämpfen ums Überleben oder sind verschwunden. Nur fischreiche Gewässer können eine Otterpopulation ernähren, denn Fischotter haben, im Vergleich zu landlebenden Tieren ihrer Grösse, einen schnellen Stoffwechsel und damit einen hohen Nahrungsbedarf; in Zahlen bedeutet dies täglich ca. 15 % des Körpergewichts. Wobei sich Fischotter von einer Vielzahl von Beutetieren ernähren: Amphibien, Krebse, Vögel, Reptilien sowie kleine Säugetiere bis Kaninchengrösse. Doch bleibt der namensgebende Fisch seine bevorzugte Hauptnahrungsquelle. Das bedeutet: Wo es zu wenig (Fisch-)Nahrung gibt, wird es für den Fischotter eng. Steht diese nicht oder zu wenig zur Verfügung, schlägt sich das in einer sinkenden Fortpflanzungsrate nieder.

Wenn umfangreiche Trockenlegungen von für ihn wichtigen Lebensräumen und grossräumiges Abholzen von Ufervegetation zur Regel werden, wenn Gewässer verbaut und Bäche eingedolt werden, dann fördert(-e) dies, nebst den bis 1952 geltenden Abschussregelungen, das Verschwinden der Fischotter und weiterer Tiere, denn das Nahrungsangebot für einen dauerhaften Verbleib reicht dann nicht mehr aus.

Doch nicht nur die ausgeprägte Jagd, der Verlust seines Lebensraumes durch den Menschen und das damit einhergehende knappe Nahrungsaufkommen war für sein komplettes Verschwinden in der Schweiz im Jahr 1989 verantwortlich. Auch die Gewässerverschmutzung durch die Landwirtschaft wie Pestizide und Dünger, welche durch kontaminierte Nahrung vom Otter aufgenommen wurden und so die Fortpflanzung beeinträchtigte, trugen dazu bei. Auch dem immer weiterwachsenden Strassen- und Verkehrsaufkommen fallen viele Otter zum Opfer. Weiter sind die Reusen der Fischer eine Gefahr für den Fischotter, welche oftmals zum Ertrinken führen.

Lebensraum und Lebensweise

So gross die geografische Verbreitung des Fischotters, er besiedelt drei Kontinente, so vielfältig ist auch sein Lebensraum, an welchen er hohe Ansprüche stellt. Der Fischotter bevorzugt klare, flache und fischreiche Gewässer und Überschwemmungsgebiete mit einer reichen, natürlichen Ufervegetation und ausreichend Versteckmöglichkeiten. Für erfolgreiches Jagen ist er auf Strukturen wie Höhlen, Löcher oder Pflanzensäume entlang der Ufer angewiesen. Ob Flüsse, Seen, Sümpfe, Bäche, Teiche oder auch Fjorde und Meeresküsten: Der Fischotter bewohnt sie alle. Und auch wenn er natürliche Gewässer und ihre Strukturen bevorzugt, ist er dennoch anpassungsfähig und nimmt vorlieb mit begradigten Flüssen, Kanäle und Bewässerungsgraben.

Fischotter sind Einzelgänger und verteidigen ihre Reviere gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen. Die Grösse ist dabei geschlechtsabhängig und variiert je nach Lebensraum. Die Territorien der Weibchen umfassen bei Fliessgewässern 6 - 20 km, bei Männchen gar durchschnittlich 35 km bis max. 84 km! An Meeresküsten sind diese mit 5 - 14 km kleiner. Weibchen leben mit ihrem Nachwuchs im selben Revier, wobei diese sich mit den Revieren der Männchen überschneiden. Man geht davon aus, dass Otter ihre Gebiete mit Kot und nicht durch Duftmarken eingrenzen.

Paarungszeit ist das ganze Jahr über. Die mit drei Jahren geschlechtsreifen Weibchen und mit zwei Jahren geschlechtsreifen Männchen treffen sich nur kurz zur Paarung. Nach 65 Tagen Tragezeit bringt das Weibchen meist 2 - 3 Jungen zur Welt, welche sie allein aufzieht und ihnen das Jagen beibringt, bis die Nachkommen nach etwa einem Jahr selbstständig sind.

Situation heute

Die Fischotter kehren langsam in die Schweiz zurück. Eine erste Sichtung in einer Fischtreppe beim Kraftwerk Reichenau im Kanton Graubünden sorgte im Jahr 2009 für Aufregung und war der Startschuss für seine Rückkehr in Schweizer Gewässer. Seither werden regelmässig Tiere gesichtet und fotografiert.

Dabei spielt vor allem die Entwicklung der Bestände in unseren Nachbarländern Frankreich und Österreich eine wichtige Rolle. Die Fischotter überqueren mittels Rhone und Inn die Grenzen und wandern auf diesem Weg in die Schweiz ein.

Inzwischen konnten an insgesamt fünf Fliessgewässern Fischotterbestände nachgewiesen werden: an Aare, Hinterrhein, Ticino, Rhone und Inn. Doch nicht alle Fischotter sind eingewandert. Bei den Tieren an der Aare geht man stark davon aus, dass Nachkommen von entwichenen Fischottern des Tierparks Dählhölzli in Bern im Jahr 2005 der Grund für die Besiedlung im Aare Gebiet ist. Seit 2014 konnten dort und im Engadin sogar Nachwuchsaufzuchten beobachtet werden.

Engagement des WWF

Fischotter gelten als Symbol von intakten Gewässern und geben daher wertvolle Anhaltspunkte zur Gesundheit dieser wichtigen Ökosysteme. Denn wo Fischotter sich aufhalten, ist die Natur ökologisch intakt. Deshalb setzt sich der WWF Schweiz für den Schutz des Fischotters ein: Erhalt naturnaher Ufer mit vielfältiger Uferstruktur und Rückbau von Querungen bei Revitalisierungsprojekten und Sanierungen von Wasserkraftwerken. Um die Gefahr durch den Strassenverkehr und die Fischerei zu minimieren, engagiert sich der WWF zudem für die Barrierefreiheit durch Wanderkorridore und den Verzicht von Reusen als Fischfanggerät oder den Einsatz von «ottersicheren» Reusen.

Projekt Otterspotter & Zusammenarbeit mit Stiftung Pro Lutra

Seit dem Jahr 2017 arbeitet der WWF Bern und Solothurn mit der gemeinnützigen Stiftung Pro Lutra zusammen, um die Rückkehr der Fischotter in die Schweiz zu dokumentieren.

Hierbei führten Freiwillige des WWF und Pro Lutra unter dem Projektnamen «Otterspotter» im Winter 2017/2018 erstmals ein Monitoring durch. Seither wurden alle zwei Jahre im Winter Daten zu seinem Vorkommen gesammelt, analysiert und mit Angaben von Vorjahren verglichen. Dies ist ein wichtiger, hilfreicher Beitrag. Durch die Sammlung dieser Informationen kann die Situation des Fischotters in der Schweiz besser nachvollzogen, sein Verhalten verstanden und auf seine Ansprüche eingegangen werden. Zudem wird die Aufmerksamkeit der Bevölkerung für den Fischotter gestärkt und in Bezug auf die Wichtigkeit seiner Existenz sensibilisiert.

Aktuell & regional

Für den Winter 2023/2024 ist ein nächstes Otterspotter-Monitoring in den Regionen Bern und Solothurn geplant. Interessierte, die gerne mithelfen möchten, können sich bei der Geschäftsstelle WWF Solothurn infonoSpam@wwf-so.noSpamch melden. Engagieren wir uns gemeinsam für eine sichere und stabile Zukunft des Fischotters als Bewohner der Schweiz!

 

Text von Thomas Huber.
Überarbeitet von Simone Plattner, April 2023.

Wissenschaftlicher Name: Eurasischer oder Europäischer Fischotter, Lutra lutra

Verwandtschaft: Der Fischotter gehört zur Familie der Marder (Mustelidae) und zur Unterfamilie der Otter (Lutrinae), welche aus sieben Gattungen und 13 Arten besteht. Dabei gehört der Fischotter der Gattung Altweltotter (Lutra) an und wird auch Eurasischer oder Europäischer Fischotter genannt.

Gefährdungsstatus (IUCN): 1999 wurde der Fischotter als EN = gefährdet gelistet. Durch zahlreiche Naturschutzmassnahmen konnte sich der Bestand in Europa und Russland erholen, sodass der Gefährdungsstatus 2004 zurückgestuft wurde. Momentan ist er als NT = nahezu gefährdet aufgeführt. Diese Einstufung sollte jedoch mit Vorsicht genossen werden, da genaue Daten zu Gesamt-Bestandszahlen aufgrund des grossen Verbreitungsgebiets des Fischotters fehlen. Vor allem in China und auf der indonesischen Halbinsel wird eine Gefährdung befürchtet. In der Schweiz ist der Fischotter von RE = In der Schweiz ausgestorben im Jahr 1994, auf CR = Vom Aussterben bedroht, im Jahr 2022 eingestuft worden. Dies da er in die Schweiz zurückgekehrt, sein Bestand mit weniger als 10 Tieren jedoch sehr unsicher ist.

Gefährdungsursachen: Neben der Nutzung des Fells wurden die Fischotter Anfang des 20. Jahrhunderts als «fischereischädliche Tiere» betrachtet, weshalb sie bis zum Aussterben gejagt wurden. Zudem sind die Gewässerverschmutzung durch Pestizide, Dünger und Öl an Meeresküsten sowie der dadurch verursachte Beutetiermangel eine Bedrohung. Zusätzlich zum Verlust des Lebensraumes fallen Otter oftmals auch dem Strassenverkehr zum Opfer.

Merkmal: Lang gezogener, stromlinienförmiger Körper und Kopf. Schwimmhäute an den Pfoten. Tasthaare an Nase, Maul und Ellenbogen. Dichtes dunkelbraunes Fell. An Kehle und Bauch ist das Fell cremefarben oder grau. Je nach Verbreitungsgebiet variiert die Fellfarbe.

Körpergrösse: 60 - 90 cm, inkl. 40 cm Schwanzlänge beträgt die Gesamtgrösse ca. 100 - 130 cm; Männchen sind etwas grösser.

Gewicht: 7 - 12 kg; Männchen sind etwas schwerer.

Alter: bis 15 Jahre

Verbreitung: Eurasien bis zur Arktis, von Irland bis in den Süden Nordafrikas, über Sri Lanka bis nach Indonesien. In Großbritannien, Norwegen und den baltischen Ländern (Estland, Lettland, Litauen) sind Fischotter am meisten verbreitet.

Besonderes: Der Fischotter ist die am weitesten verbreitete Otterart und kommt auf den drei Kontinenten Europa, Asien und Afrika vor.

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