Fischer schaffen Fischen Nischen

Fischerinnen und Fischer sind auch Naturschützer. Jedenfalls leisten viele von ihnen viel für den Lebensraum Gewässer. Das WWF Magazin Region Basel hat mit Urs Campana gesprochen, dem Präsidenten der Baselbieter Fischer.

Er geht fischen, aber der Fang steht für ihn nicht im Zentrum. Der Erlebniswert mache es aus, das Draussensein, die Ruhe, das Beobachten der Natur. «Beim Fischen kann ich nachdenken, Dinge verarbeiten – die wichtigsten Entscheidungen meines Lebens habe ich beim Fischen getroffen. Aber natürlich finde ich es toll, wenn ich einen schönen Fisch fange.» Urs Campana ist Präsident des Kantonalen Fischereiverbands Baselland und seit über vierzig Jahren WWF-Mitglied.

Frondienst für die Natur

Die 1360 Fischerinnen und Fischer des Kantons Baselland sind in 13 lokalen Vereinen organisiert, die im kantonalen Verband zusammengeschlossen sind. Alle Mitglieder brauchen das schweizerische Sportfischer-Brevet, und alle müssen «Fronarbeit» für die Fische und deren Lebensraum leisten. Pro Jahr sind das je nach Verein 10 bis 15 Pflichtstunden. Viele Mitglieder leisten deutlich mehr, andere bezahlen lieber. 15 Franken kostet jede verpasste Pflichtstunde.
Was tun die Fischerinnen und Fischer für den Lebensraum Fliessgewässer? Sie machen Bachputzaktionen, erbrüten Bachforellen für den Besatz, helfen mit bei Renaturierungen, leisten Feldarbeit für wissenschaftliche Untersuchungen, betreiben Hege und Pflege.

Was brauchen Fische?

Wenn die Fische in unseren Gewässern überleben sollen, muss ihr natürlicher Lebensraum erhalten werden. Und schon wird’s kompliziert. Die Bachforelle, die Äsche, die Nase, die Barbe oder der Aal haben unterschiedliche Verhaltensweisen und Bedürfnisse, die muss man kennen, wenn man diese Fische fördern will. Da geht’s um das Wanderverhalten, um die Nahrungsgrundlage, um Laichplätze und Rückzugsgebiete, um die Strömung, die Qualität, die Temperaturen des Wassers …

Zum Beispiel Kies …

Es ist bekannt, dass Fische wandern, die meisten legen ihren Laich in den oberen Fluss- oder Bachabschnitten ab. Von Urs Campana lerne ich, dass auch Kies wandern muss. «Ohne Kies kein Leben im Fliessgewässer», hält Campana fest.

Kiesbänke sind Lebensraum für viele Kleintiere, die den Fischen als Nahrung dienen. Und Fische brauchen Kies, um ihren Laich abzulegen. Die frisch geschlüpften Forellchen oder Äschlein verziehen sich in den Untergrund der Kiesbänke. Sie sind so klein, dass sie sich durch die Lücken zwischen den rundgeschliffenen Kieselsteinen schlängeln können. Hier sind sie geschützt vor dem Gefressenwerden und vor zu starker Strömung.

Nun ist der Kies nicht einfach so im Fluss, und er bleibt da auch nicht einfach so. Kies ist Teil des dynamischen Lebens eines Flusses. Nur wenn in den Oberläufen und in den Seitengewässern von Birs und Ergolz Erosion an den Flussufern stattfinden kann, gelangt Ersatz für den in den Rhein geschwemmten Kies bis in die Unterläufe der beiden Baselbieter Hauptflüsse. Wo die Ufer mit Hartverbauungen befestigt sind – auch die fürs Auge gar nicht so unvorteilhaften Steinbrocken («Blockwurf») sind Hartverbauungen – gibt es keine Erosion, also kommt von hier kein Kiesnachschub.

Flusskraftwerke behindern nicht nur die Wanderung der Fische, sondern auch die Verfrachtung des Kieses. In den Staubereichen oberhalb der Kraftwerke bleibt der Kies liegen. Weil er verschlämmt und sich die Zwischenräume schliessen, taugen diese Ansammlungen nicht als Laichplätze. Das Fliessgewässer muss fliessen!

… und Totholz

Nach dem Hochwasser von 2007 hat man oberhalb von Laufen Hunderte von Metern Flussufer gerodet. Entwurzelte und mitgerissene Bäume hatten zu Zerstörungen an den Kraftwerken geführt. Bei Birsfelden wollte man die Birs renaturieren, aber auch «erlebbar» machen: Das Ufer sollte durchgehend begehbar sein, kein Gehölz den Blick und den Zugang zum Fluss versperren.
«Der Hochwasserschutz ist sicher legitim, und auch gegen Freizeitaktivitäten am Fluss habe ich nichts einzuwenden. Aber gerodete und gepützelte Uferpartien tragen nichts zum Leben im Fluss bei», betont Campana.

Von gerodeten Ufern kommt kein Schattenwurf mehr auf Flüsse und Bäche. Die Gewässer werden aufgeheizt, bei Niedrigwasser und Sonnenschein trocknen die Kiesbänke aus, das Leben in ihnen stirbt ab. Zudem gibt es in den Bäumen und Sträuchern an den Ufern Abertausende von Insekten, Käfern, Spinnen. «Von diesen Kleintieren fällt ab und zu eins ins Wasser … Auch Laub fällt ins Wasser, und das ist ebenfalls positiv: Wir haben zu wenig organisches Material in den Gewässern.»

Auch sogenanntes «Totholz» ist organisches Material, und es ist nicht halb so tot, wie die Bezeichnung nahelegt. In naturnahen Gewässern gibt es grosse Mengen davon, vom abgestorbenen Zweig bis zum umgestürzten Baum. Schnell wird es von Algen und Kleinlebewesen besiedelt, die den Fischen Nahrung bieten. Umgestürzte Bäume schaffen strömungsberuhigte «Wohnzonen» für Fische, im Geäst unter Wasser finden sie Schutz vor Kormoranen, Gänsesägern und andern fischfressenden Vögeln. Deshalb bringen die Fischereivereine an geeigneten Uferstellen Totholz in Form von gefällten Bäumen aus.

«Die Fischtreppen funktionieren nicht»

«Seit Jahrzehnten wird behauptet, unsere Kraftwerke seien fischgängig. Wir hatten schon lange Zweifel und wollten es genauer wissen.» Der Fischereiverband Baselland gab beim zoologischen Institut der Universität Basel eine Studie in Auftrag. Das Team um den Genetikspezialisten Dr. Walter Salzburger konnte nachweisen, dass in der Birs drei genetisch voneinander isolierte Populationen von Äschen leben. Auf der Höhe von Zwingen und Liesberg wurden überdies Anzeichen von Inzucht festgestellt.

Campana: «Das heisst: Es findet keine Wanderung von Äschen in der Birs statt! Die Fischtreppen und Umgehungsgerinne funktionieren nicht oder nur bedingt.» Das gelte auch für die andern Fische, die Barben, Döbel, Strömer, Elritzen, Groppen, Forellen und die übrigen der rund dreissig Fischarten in den Baselbieter Bächen und Flüssen.

Markus Bär


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